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Reden oder Schweigen?

  • Writer: Stefan J. Rümmele
    Stefan J. Rümmele
  • Mar 13
  • 10 min read

Hier ist eine Kurzgeschichte zu einem uralten Menschheitsthema



Reden oder Schweigen?


Clemens Causa war nicht gewillt, die Tür zu öffnen, obwohl jemand Sturm klingelte. Er war kurz auf den Balkon gegangen, hatte sich über das Geländer gebeugt und hinunter gelugt, war aber bei dem Gedanken, womöglich von unten gesehen zu werden, sofort zurückgewichen und hatte sich wieder an seinen Schreibtisch verzogen.

Die schon wieder, dachte er nur und fühlte sich bestätigt, in seiner Haltung nicht geöffnet zu haben. Seit einiger Zeit stellte ihm ein weiblicher Fan nach. Wurde er am Ende gestalkt? Unsinn! Vielleicht war er nur zu empfindlich. Vielleicht gehörte das eben dazu, wenn man einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hatte.

Causa konnte nicht verstehen, warum alle Welt berühmt sein wollte. Im Grunde war das fast nur mit Nachteilen verbunden. Schon seit längerem traute er sich erst nach Einbruch der Dunkelheit auf die Straße und auch das nur mit tief in die Stirn gezogenem Hut und hochgezogener Mantelkrempe.

In öffentlichen Diskussionen zeigte er sich mittlerweile extrem schmallippig, weil er befürchtete, mit einer falschen oder zumindest zweideutigen Äußerung einen Shitstorm in den sozialen Medien loszutreten. Dieser, sein vorauseilender Verbalgehorsam hatte dummerweise dazu geführt, dass ihm die Journaille Feigheit – mehr noch - Ideenlosigkeit nachsagte. Für einen Autor seines Ranges ein geradezu vernichtendes Urteil.

Jetzt saß er vor seinem Textfragment und grübelte über alles Mögliche nach, nur nicht über sein eigentliches Thema. Das Telefon klingelte, der AB sprang an. Zum Glück war es nicht die Verlegerin, die nach dem Fortgang des Manuskripts fragte, sondern seine eifrige Nachbarin, die ihn mit Naturalien versorgen wollte. Klischee: armer, unselbständiger Dichter braucht mütterliche Hilfe. Wie sollte mensch da einen klaren Gedanken fassen?

Er stand auf, ging in die Küche, stellte dort fest, dass er gar nicht wusste, warum er dort gelandet war, belohnte sich aber, weil der Kühlschrank jetzt so günstig in Reichweite lag, mit einer Rippe Schweizer Schokolade, die er aus dem Eisfach zog. Seine Schokovorräte stapelte er seit einiger Zeit dort, um seinen Konsum zu zügeln. Eiskalte Nervennahrung schmeckt nicht so gut wie zimmerwarme. Außerdem braucht mensch länger beim genüsslichen Verzehren. Ob sein Versuch, sich selbst zu überlisten, gelingen würde, stand einstweilen dahin.

Leider schnappte Clemens Causa beim Vorbeigehen mit einem Seitenblick auf, dass sein

Handy wie wild blinkte. Vermutlich warteten unzählige ungelesene Mails, noch mehr Whatsapps und Facebooknachrichten etc. auf Erledigung. Causa zwang sich, das Smartphone nicht zur Hand zu nehmen. Würde er es tun, wäre weitere kostbare Zeit vertan. Das wusste er. Doch schon hatte er sein „Wischkastel“ in der Hand und überflog die ersten Mitteilungen. Eine Anfrage seitens seiner Redaktion war auch dabei. Die musste er jetzt noch schnell lesen. Auweia - er hatte einen Abgabetermin verbrummt. Auch das noch. Eigentlich war die Glosse längst fertig. Es fehlte nur noch ein überzeugender, resümierender, bilanzierender und das vorher Gesagte möglichst relativierender Schlusssatz. Aber der wollte ihm ums Verrecken nicht einfallen. Also kurz ein paar Zeilen an die Redaktion zurück funken, dass die Glosse so gut wie unterwegs war.

Schon wieder klingelte das Telefon: wieder AB und nochmal die Nachbarin. Diesmal hatte sie sich verwählt. Wurde auch immer dusseliger. „Demnächst werd' ich den AB abschaffen“, grummelte er vor sich hin, wusste aber schon, als er das sagte, dass er es niemals in die Tat umsetzen würde.

Seine zum Gutteil selbst gewählte Zurückgezogenheit empfand er mehr und mehr als belastend. Ohne Festnetz und Handy wäre er wahrscheinlich total vereinsamt mit der Zeit. Anfangs war er begeisterter Anhänger des Home-Office gewesen. So gesehen hatte die Pandemie mit Lockdown und Quarantäne durchaus ihr Gutes. Aber nach und nach schienen die Wände immer näher zu rücken, die Decke an Höhe zu verlieren, die Fenster an Größe, das Zimmer an Breite, der Gang an Tiefe. Und so schien sein ohnehin schmaler Bewegungsspielraum bedenklich zu schrumpfen. Stand der Sessel eigentlich schon immer so blöd im Weg?

Egal, er musste jetzt seinen Essay weiterschreiben und/oder die Glosse fertigstellen. Eins von beiden. Am besten multitasking-mäßig beides gleichzeitig (aber hallo!). Quatsch, natürlich ging das nicht.

Er atmete tief durch und zwang sich bis Zehn zu zählen, kam aber nur bis Acht. Sein einziger Mitbewohner meldete sich und verlangte nach Futter: ein blau-gelber Ara namens Brasilikum. „Clemens Fressen, Clemens fressen“ deklamierte der in gebetsmühlenartiger Endlosschleife. „Schon gut, du Aasgeier“, entgegnete Causa, ging lächelnd auf die Voliere zu, kraulte dem Papagei das Federkleid, füllte Körner in das Schälchen im Käfig und schaute seinem Mitbewohner tief in die Augen. Der genoss einen Moment die Streicheleinheiten genauso wie das Tete-a-tete, wandte sich dann aber hingebungsvoll seinem Fressen zu und ließ das Herrchen Herrchen sein. „Tschüss, du Träne“, flachste Brasilikum.

So bescheiden und überschaubar die Konversation mit seinem Vogel auch war, Causa glaubte sein Haustier ohne Wenn und Aber zu verstehen, meinte sich sogar von ihm bis zu einem gewissen Grad durchschaut. Wie anders war das bei Menschen. Oft genug fühlte er sich von ihnen schmerzlich missverstanden. Wunderte sich über ihren schlampigen Sprachgebrauch. Regte sich über Abkürzungen oder Fachchinesisch auf, das kaum eine/r verstand: Szene-Sprech, Social-Media-Slang usw.

Recht eigentlich war keine Sprache davor gefeit, Missverständnissen oder Unklarheiten Vorschub zu leisten. Egal ob es sich um Spanisch, Französisch, Deutsch, Englisch oder eine andere Sprache handelte. Das Mißverständnis war wie ein Geburtsfehler in sie eingraviert. Speziell wenn man bedenkt, dass Sprache oft bewusst suggestiv oder irreführend verwendet wird. Gar nicht zu reden von Staatengebilden wie der EU, wo alles immerzu hin und her und wieder zurück übersetzt werden musste. Da waren der Sprachverwirrung ja geradezu Tür und Tor geöffnet. Dieses Dilemma war so bekannt wie banal, und doch ließ ihm der Gedanke seit einiger Zeit keine Ruhe mehr. Wahrscheinlich war das auch der Grund, warum er mit seinen Texten nur noch mühsam vorankam, wiederholt stockte und bisweilen sogar Schiffbruch erlitt. Er hegte mittlerweile einen Generalverdacht gegen Sprache per se. Wie aber Schreiben mit dieser Schere im Kopf? Mit diesen Zweifeln und diesem Argwohn?

Causa hatte vor kurzem einen Satz von Flaubert gelesen, der ihm nicht mehr aus dem Kopf ging: Die menschliche Sprache ist wie ein zerbrochener Kessel, dessen Töne Bären zum Tanzen bringen, während wir doch danach trachten, die Sterne zu rühren.

Es gab vielerlei Versionen dieses Zitats. Die Kernaussage war überall dieselbe: Selbst Wortakrobaten wie dem Schöpfer der Madame Bovary war es offenbar nicht vergönnt, mittels Sprache das ins Werk zu setzen, was das eigentliche Ziel des Bemühens war. Und da sollte mensch sich, mittelmäßiger Autor der er doch war, noch abmühen und Formulierungen in die Welt entlassen, dachte Causa, die dann wie selbstverständlich fehlgedeutet würden? Von böswilligen oder bornierten Textauslegern fehlinterpretiert würden? Von denkfaulen Handyglotzern oder hedonistischen Tiktok-Usern nicht im Ansatz goutiert würden? Schlimmer noch: Selbst von bereitwilligen Fans seiner Schreibe schlicht missverstanden würden, weil e r unfähig war sich präzise und packend, elegant und eloquent, kurz und bündig auszudrücken.

Nicht genug, dass Sprache in ihren tradierten Form schon den systemimmanenten Hang zur Uneindeutigkeit besaß, forderten neuerdings Buchpreisträger mit non-binärer Geschlechtszuordnung dazu auf, die Sprache in Richtung gendergerechter Sprachspielchen zu erweitern. Der Verwirrung würde damit, fand Causa, noch mehr als so schon Bahn gebrochen. Sollten die Menschen etwa redseliger, aber verständigungsimmuner denn je übereinander herziehen wie plappernde Papageien?

Einmal mehr fand Causa in dem von Wittgenstein verfassten Diktum Trost: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.

Vierzehn Tage später, Clemens Causa hatte seine Texte notdürftig abgeschlossen, geschah etwas, was ihn tatsächlich kurzzeitig verstummen ließ: Brasilikum lag eines Morgens tot in seinem Käfig. Hatte am Vortag noch fröhlich vor sich hin gequasselt und seinen Besitzer verunglimpft, war dann aber urplötzlich zu ewigem Schweigen verdammt worden.

Causa wusste nicht ein noch aus. Komischer Weise war im jetzt mehr nach Reden zumute als je zuvor. Er lief in seiner engen Wohnung auf und ab und führte Selbstgespräche. Wünschte den schwatzenden Papagei herbei. Verfluchte seine jahrelange Hartherzigkeit dem Tier gegenüber.

Vielleicht hatte er Wittgenstein die ganzen Jahre über nur missverstanden? Im Umkehrschluss bedeutet Wittgensteins Aussage ja soviel wie: Was sich bereden lässt, darüber muss (oder sollte) man n i c h t schweigen. Und auch Flaubert hatte seine Sentenz möglicherweise anders gemeint? Nur in dem Sinne, dass man vielleicht mit Sprache Höheres anstrebe als man erreichen könne. Nicht grundsätzlich und zwingend aber missverstanden werden müsse . . .

Bei Lichte besehen, könnte er sich somit von seinen Sprachzweifeln wieder ein Stück weit distanzieren, dachte Causa. Was blieb einem denn in der Not außer der Flucht ins Grübeln, Vor-Sich-Hindenken, Nachsinnen, Beten?? Und das war ja immer mehr oder minder sprachlich verfasst.

Ihm kam bei diesen Gedanken eine glänzende Idee. Er wollte eine Online-Selbsthilfegruppe für Sprachskeptiker ins Leben rufen und die Sprachskepsis mittels Sprache im Austausch mit Gleichgesinnten zu überwinden suchen. Wenn das gelänge, würde ihm auch das Schreiben wieder leichter von der Hand gehen. Da war sich Causa ganz sicher. Ziemlich sicher zumindest. Ein wenig sicherer jedenfalls als noch vor Tagen.


Weitere zwei Wochen später sah sich Causa unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückbefördert. An einer Selbsthilfegruppe von Sprachskeptikern hatte offenbar niemand Interesse. Sein Aufruf im Netz verhallte ungehört. Was nun?



Final-Version I

In seiner Not beschloss Causa, sich einen neuen Vogel anzuschaffen. Noch am selben Tag ging er im Schutz der Dämmerung in eine Zoohandlung und kaufte sich einen makellos weißen Kakadu. Der pfiff und kreischte zwar mehr als der Ara, hörte aber auch besser zu. Causa erzählte ihm die ganze traurige Geschichte von Brasilikum. Und weil er schon dabei war, seine eigene: Dass er gestalkt werde und sich nicht mehr auf die Straße traue. Der Vogel schien ihm durch sein unablässiges Nicken Zustimmung zu signalisieren. So fasste Causa Zutrauen und erzählte dem Tier seine ganze lange Familiengeschichte, zeigte ihm Fotos aus verschiedenen Alben und ein paar alte Videos. Eines Tages fühlte er sich durch seine stundenlangen Monologe so gestärkt, dass er beschloss, am helllichten Tag wieder einmal auf die Straße zu gehen. Sein Ausflug beschenkte ihn mit einem Gefühl von großer Freiheit. Von da an ging er wieder täglich an die frische Luft und mischte sich langsam und vorsichtig unter die Menschen. Jeden Tag wurden seine Ausflüge etwas ausgedehnter und in gewisser Weise waghalsiger. Denn er traute sich inzwischen auch, völlig unbekannte Personen anzusprechen. Wie die nette Verkäuferin in einem Tabakladen oder die Gemüsehändlerin im Laden um die Ecke. Je mehr er sich öffnete, desto angenehmer und persönlicher wurden seine Unterhaltungen. Das größte Kompliment machte ihm sein italienischer Weinhändler, als er ihn in den Arm nahm und sagte: „Clemens, Du bist doch inzwischen einer von uns!“ Causa überlegte einen Moment, weil er nicht so genau wusste worauf sich das „uns“ bezog, auf Weinhändler oder auf Weintrinker, was versteckt so viel wie „Säufer“ bedeutete – am Ende auf Italiener?

Er umarmte den wohlgenährten Mann eine Spur zu stürmisch und kam ihm dabei so nahe, dass das Aftershave des Südländers seine Sinne verwirrte. Und mit einem Schlag ahnte er, was er jahrelang entbehrt hatte, ohne es zu wissen: Er war wieder Mensch unter Menschen.


Final-Version II

In seiner Not beschloss Causa, sich einen neuen Vogel anzuschaffen. Noch am selben Tag ging er im Schutz der Dämmerung in eine Zoohandlung und kaufte sich einen schönen Nymphensittich. Gegen den ausdrücklichen Rat der hübschen Verkäuferin erwarb Causa kein Vogelpärchen, sondern ein einzelnes Exemplar der exotischen Vögel, weil er glaubte ein Unikat passe zu ihm als Eigenbrötler besser als ein Pärchen. Aber weder er noch der Sittich hatten Freude an der neuen Zweisamkeit. Das Tier verweigerte Nahrung und Zwiesprache, so dass sich Causa schon nach wenigen Tagen entschloss, den Fehlkauf an den Laden zurückzugeben. Die attraktive Verkäuferin grinste ihn wissend an, als er seinen Vogelbauer etwas misslaunig auf den Verkaufstresen hievte. „Hab ich's Ihnen nicht gesagt! Wollen Sie jetzt doch lieber Zwei?“

„Das ist eine Retoure“, meinte Causa gespielt mürrisch und schaute die Verkäuferin herausfordernd an. „Der Vogel ist schlechter gelaunt als ich und zickiger als die Prinzessin auf der Erbse.“

„Wie?“, entgegnete die Angesprochene, „Geld gibt’s aber nicht zurück. Tiere sind schließlich kein Versandartikel wie Unterhosen oder Socken.“ Dabei nahm sie den Pfiffikus vorsichtig aus dem Käfig und herzte ihn wie ein Schoßhündchen. Der Sittich schien sich in der neuen alten Umgebung sofort wohl zu fühlen. Dumm nur, dachte Causa, dass ich kein Vogel bin. Wie kann ich die Aufmerksamkeit der Schönen nur auf mich ziehen?

Zuerst verfiel er darauf, sich generös zu zeigen. „Gut, vergessen Sie das Geld - unter einer Bedingung.“

„Und die wäre?“

„Sie laden mich anstelle dessen zu einem Warm- oder Kaltgetränk Ihrer Wahl ein.“

Die freundliche Frau schaute ihn für einen Moment keck an, drehte sich um, ging hinter die Theke und kam mit einer Hundeleine wedelnd zurück. „Wär's nicht besser mit einem Vierbeiner für den forschen Herrn?“

Causa war nicht schlecht verdutzt, beschloss aber geistesgegenwärtig, seine Strategie zu ändern. „Warum nicht, ich überleg's mir“.

Von da an war Causa Stammgast in der Tierhandlung und ließ sich jeden zweiten oder dritten Tag einen anderen felligen, pelzigen oder gefiederten Begleiter empfehlen. Als sie nach Hunden und Katzen, Kaninchen und Frettchen, Hamstern und Fischen bei Schlangen und Skorpionen angelangt waren, war auch dem letzten Azubi in der Zoohandlung klar, dass sich zwischen den beiden etwas anbahnte.

Ende II a

Ende II b

Causa gelang es, das zarte Pflänzchen der gegenseitigen Zuneigung zu nähren, indem er sich zunächst gespielt, später immer überzeugender für die Vorlieben seiner neuesten Eroberung zu interessieren schien. Die wiederum trat auch ihm unvoreingenommener gegenüber und lud ihn bald auch zu sich nach Hause ein. Causa folgte diesen Einladungen mit fast jugendlich erregter Freude, zeigte sich als perfekter Kavalier und ebensolcher Kostgänger. Bald aber langweilten ihn die Gespräche über Hundekuchen, Katzenspielzeug, Hamsterräder und Vogelkrankheiten und er trat den Rückzug an, bevor die Liaison richtig Fahrt aufnehmen konnte. Auch wenn die Verbindung daher schon nach wenigen Wochen mangels gemeinsamer Interessen im Sande verlief wie die verwehte Spur einer Wüstenspringmaus, ging Causa daraus doch verändert und gestärkt hervor und stürzte sich von da an in immer neue flüchtige Beziehungsabenteuer, die ihn über den tristen Alltag des Grübelns und Schweigens erstaunlich lange hinwegtrösteten. Sein Motto lautete von da an: Carpe diem – und nicht wie vordem: Per aspera ad astra.

Causa gelang es aber leider nicht, die vorübergehende Zuneigung der attraktiven Tierfachhändlerin, über das erste leidenschaftliche Aufflammen hinaus in eine dauerhafte Beziehung zu überführen. Zu groß war offenbar der Altersunterschied zwischen beiden, zu unterschiedlich der jeweilige Lebenszusammenhang, zu verschieden die Vorstellung von einer gelingenden Verbindung. Causa gab sich mit der Genugtuung zufrieden, einer weit jüngeren Frau überhaupt mal wieder aufgefallen zu sein und sie wenigstens für kurze Zeit begeistert zu haben. Das war schon weit mehr, als er erwartet hatte. Es baute ihn richtig auf und er begann allmählich wieder Fuß zu fassen im Leben, einem Leben, das nicht von Zweifeln und Vorbehalten wie ehedem, sondern von Schaffensfreude und Zuversicht geprägt war. Fast wie in seiner Kindheit, als er unbekümmert und tatkräftig von einem erfüllten Leben als Kinderbuchautor geträumt hatte.




Final-Version III

Für ein Weilchen war Causa sehr bedrückt. Warum teilte niemand sein Interesse, den doch so offenkundigen Zweifeln an Sprache genauer nachzuforschen, vielleicht sogar auf die Schliche zu kommen? Wahrscheinlich war das Sujet einfach zu öde für die meisten Leute, für andere schlicht und ergreifend irrelevant. Kurzum, er musste, wollte er als Dozent mit Menschen in Kontakt kommen, ein ansprechenderes Thema und ein besseres Format wählen.

Bei diesen Überlegungen fiel ihm ein, dass er vor Jahren schon einmal einen Kurs für kreatives Schreiben angeboten hatte. Und zwar mit großen Erfolg. Die BewerberInnen hatten ihm damals richtiggehend die Tür eingerannt. Er konnte gar nicht alle Anmeldungen annehmen und musste einen Alternativkurs anbieten . . .

Das war die rettende Idee! Einen Kurs für kreatives Schreiben konnte er quasi aus dem Stegreif starten. Die Unterlagen dazu musste er nur aus der Schublade ziehen. Und mit seinem inzwischen weithin bekannten Namen als Autor von geistreichen Essays und schwungvollen Kolumnen würden die Leute bei ihm Schlange stehen. Außerdem konnte er das Ganze vorerst als Testballon im Online-Modus durchführen, später dann auf Wunsch in eine Präsenzveranstaltung überführen, sofern die Gefahr erneut von Stalkern belästigt zu werden, überschaubar schien. Er wusste auch schon welches Thema er seinen Schützlingen zur Bearbeitung vorlegen wollte. Es hieß: Reden oder Schweigen? Aber das wollte er lieber erst bekannt geben, wenn die Anmeldungen gelaufen waren.


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