Rom, Du Ewige
- Stefan J. Rümmele
- Mar 10
- 3 min read

Rom, Du Ewige
Rom, Du Nervige
Es treten auf:
Alberto, the last roman (Taxifahrer)
Bernhard, alternder Tourist (ehemals Jurist)
Kasimir, Rom-Kenner & -liebhaber (Theologie-Student)
Domenico, verblühte Sportskanone (Beruf unbekannt)
Laetitia, mit Freuden Fragende (Journalistin)
Antiker Chor
Vor der Foto-Kulisse des Forum Romanum zieht der antike Chor auf und deklamiert:
Rom, Du Ewige
Rom, Du Nervige
Rom, Du Stern meiner schlaflosen Nächte
Laetitia: Liebe Zuhörende, wir haben hier eine Reihe nicht untypischer Rom-In- und
-Outsider versammelt. Hören wir, was sie uns zu erzählen haben.
Alberto: Diese Stadt ist so voller Touristen, dass ich meine Landsleute mit der Lupe
suchen muss. Deshalb sage ich oft: Ich bin der letzte Römer!
Kasimir (grinsend): Davon gibt es so einige . . .
Laetitia: Haben Sie Rom schon bei Nacht geseh'n?
Domenico: Sie meinten wohl Wien?
Bernhard: In dieser Stadt gibt es viel zu wenige öffentliche Toiletten.
Laetitia: In Wien oder in Rom?
Kasimir: Dafür gibt es viele Brunnen mit gratis Trinkwasser für alle.
Bernhard: Schön und gut, aber wohin mit den Ausscheidungen? Wohin?
Domenico: Ausschwitzen ist eine Möglichkeit. Ich renne jeden Morgen die Via Appia rauf
und runter – mit entblößtem Oberkörper, damit möglichst viel Flüssigkeit verdunsten
kann.
Laetitia: Die Novia oder die Antica?
Domenico: Beide, wenn es sein muss.
Alberto: Rom funktioniert schon lange nicht mehr, sie haben es kaputt gemacht. Aufzüge
und Rolltreppen sind außer Betrieb, Busse kommen zu spät oder fahren gar nicht, nicht
einmal die Klospülung geht ordentlich.
Bernhard: Dabei ist das für mich mit das Wichtigste . . .
Laetitia: Was genau?
Bernhard: Dass die Verdauung klappt, bevor man das Haus verlässt. Wichtiger als
Akropolis und Colosseum zusammen . . .
Laetitia: Akropolis?
Alberto: Es gibt Ecken in Rom, da stinkt es derart nach Pisse und Schlimmerem –
das hätten die alten Römer nie und nimmer geduldet.
Laetitia: Cloaca maxima – ich weiß, was Sie meinen . . .
Alberto: Nein, verdammt. Sie verstehen gar nichts, ich bin der letzte Römer, nicht Sie!
Bernhard: Schön, dass wenigstens Du hier ausharrst, Alberto.
Alberto: Prego, waren wir schon beim Du?
Antiker Chor:
Roma, Eterna
Roma, Impossibile
Alberto: Seinen Müll trennt hier auch kein Mensch. In Deutschland ist das alles viel
besser, so hat man mir wenigstens berichtet . . .
Bernhard: Da hab ich so meine Zweifel. Mülltrennung vielleicht, aber sonst . . .
Kasimir: Vergesst doch einfach mal die kleinen Problemchen, die es in jeder Großstadt
gibt, wenigstens für einen Moment!
Domenico: Genau – und genießt einfach die herrliche Aussicht auf den Circus Maximus
oder den Blick vom Palatin hinunter auf das antike Rom.
Laetitia: Es gibt hier offenbar zwei konträre Positionen, wie fast überall im Leben, liebe
Zuhörerinnen und Zuhörer.
Antiker Chor:
Rom, Du Herrliche
Rom, Du Schreckliche
Rom, Du Entzückende
Rom, Du Grauenhafte
Kasimir: Du wirst auf der ganzen Welt keine einzige Stadt finden, in der weltliche und
kirchliche Macht so bedingungslos um die Vorherrschaft gerungen haben wie hier. Das
hinterlässt Spuren. Die musst du spüren.
Domenico: Und keine mit mehr Kirchen und mehr Päpsten.
Bernhard: Keine mit mehr Touristen-Nepp und Taschendieben – auch!
Alberto: Und die Preise sind insgesamt so was von versaut.
Kasimir: Es läuft mir eiskalt den Rücken runter, wenn ich durch den Petersdom flaniere
und den Heiligen Geist so unmittelbar spüre, als säße er hinter jeder Säule.
Bernhard: Dafür fehlt mir offenbar das Spürhund-Gen.
Laetitia: Um welches Gen handelt es sich dabei genau?
Domenico: Alles Quatsch, ihr Nörgler. Wichtig ist nur, dass ich von oben bis unten
gebräunt bin wie eine Haselnuss. Und zwar möglichst nahtlos . . .
Laetitia: Ist das etwa die neue Interpretation von „Mens sana in corpore sano“?
Kasimir: Keinesfalls, wer gesund bleiben will, flieht die Sonne, das weiß doch jede/r.
Alberto: Domenico stammt eben noch aus dem letzten Jahrhundert.
Bernhard: Wo kommen eigentlich die ganzen E-Roller her, Alberto. Ihr hattet doch gar
keinen Scheuer!?
Kasimir: Weiß der Henker, ich find' die auch fürchterlich.
Alberto (schweigt, achselzuckend): Domenico, weißt du das?
Domenico: Wahrscheinlich ein Geschenk des Luzifer, der versucht die heilige Stadt
lahmzulegen.
Kasimir: Könnte sein, klingt plausibel . . .
Bernhard: Der hat doch eher die ganzen Blechkarossen geschickt, die sich stinkend
durch alle Gässchen quetschen.
Alberto: Irgendwo müssen die Römer ja hin mit ihren überschüssigen Energien.
Laetitia: Ein wahrhaft dynamisches Völkchen, diese Italiener.
Antiker Chor:
Oh Du Fröhliche
Oh Du Selige
Gnaden bringende
Tiberstadt
Caesar ward gekillt
Nero hat gechillt
Ruinen in der ganzen Stadt
Und niemand der die Peilung hat
Ruinen in der ganzen Stadt
Und niemand der die Peilung hat
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